Autor: Siegfried Wollinger
Luna - meine Seelenhündin
Luna wurde in Ungarn in ihrem ersten Lebensjahr angeschossen. Dora, meine Schwiegertochter, rettete sie, indem sie die Hündin nach Österreich
holte und sie gegen den Willen ihrer Eltern gesund pflegte. Dora ließ sich davon nicht abringen, nahm sich eine Wohnung, zog aus und betreute
Luna neben ihrem Studium, das sie erfolgreich beendete. Ihre Wohnung befand sich aber im 15. Bezirk in Wien, nähe Westbahnhof und das war
natürlich nicht das Optimum, obwohl sie mit Luna immer ins Grüne fuhr sofern sie nur konnte. Sie hatte Luna aber 10 Jahre lang.
Und dann kam der Tag an dem sie meinen Sohn kennen lernte. Sie wollten gemeinsam in den Urlaub fliegen und baten mich, Luna in den 2
Wochen bei mir aufzunehmen. Natürlich war ich damit einverstanden. Luna kam, sah und siegte. Ab dem ersten Tag waren wir ein Herz und eine
Seele. Die 14 Tage vergingen und als die beiden zurückkamen, wollte ich Luna nicht mehr hergeben. Ich überzeugte sie, dass es Luna bei mir, mit
Garten und Spaziergängen, besser hatte als ihre Tage im 15. Bezirk in einer Wohnung zu verbringen. Nach vielen Tränen und gutem Zureden
gelang es mir, Luna zu behalten. Sie konnte sie ja immer besuchen, wenn ihr danach war. So hatten wir es auch gehalten. Luna freute sich immer
sehr, wenn ihr Frauerl zu Besuch war, aber sie wusste genau wo ihr neuer Platz war.
Ich entwickelte zu Luna eine tiefe Beziehung. Sie wurde zu meiner Lebenspartnerin. Meine Frau zeigte großes Verständnis und liebte sie auch
sehr. Luna war so glücklich mit dem Garten und den täglichen Spaziergängen und auch ich. Nie hätte mich jemand im Winter dazu überreden
können, spazieren zu gehen. Luna konnte es. Täglich zogen wir unsere Runden. Im Sommer freute sie sich im angrenzenden Bach bis zu den
Knien ins Wasser zu gehen (weiter wollte sie nicht) und über die Felder zu hetzen. Sie hatte aber auch einen ordentlichen Jagdtrieb. Ich erinnere
mich noch genau, als ich mit ihr durch die Gegend streifte und auf einmal flog ein Fasan auf. Luna hinterher, ich auch. Sie reagierte nicht mehr auf
Rufen, ich flog auf die Schnauze. Gackerlsackerl in der linken Hand, rechte Hand die Leine. Luna kam zurück und schleckte mich ab. Soll man da
böse sein?
Ein Manko war, dass Luna nicht mit anderen Hunden konnte. 2x musste ich mich bei einer Rauferei dazwischen werfen, aber es ist nichts passiert.
Dieses Manko konnte man ausgleichen, indem ich Luna sofort anleinte, wenn ein anderer Hund in Sicht war und ich einen großen Bogen machte.
Luna war aber gegenüber Menschen immer freundlich. Nie hat sie geknurrt, die Lefzen hochgezogen oder war aggressiv. Meine Enkelkinder
konnten sie am Schwanz oder an den Ohren ziehen, sie war überaus geduldig.
Sie war aber eine Bettlerin. Nie konnte ich mit ihr in ein Restaurant oder Wirtshaus gehen, sie hätte die Tische abgeräumt… Das wird
wahrscheinlich an ihrer Vergangenheit gelegen sein. Sie musste überleben und fraß alles, was sie finden konnte. Obst, Gemüse, wurscht was.
Das war auch bei unseren Spaziergängen immer das Problem. Immer mit der Schnauze am Boden entlang. Wie ein Staubsauger hat sie immer
alles Fressbares eingesaugt.
Lauten Knall-Geräuschen war sie überaus empfindlich. Klar, sie wird noch immer den Schuss in ihren Ohren gehabt haben der sie verletzt hatte.
Zu Silvester war es immer ein großes Problem. Gut, dass bei uns die Knallerei erst am späteren Nachmittag angefangen hat, so konnte ich mit ihr
noch Gassi gehen. In Wien ging sie 20 Stunden nicht mehr Gassi.
Aber danach war nur mehr Angst angesagt. Ich musste den Fernseher auf volle Lautstärke drehen, ihr die Ohren massieren um sie so vom
Geknalle abzuhalten. Um 4h Früh konnte ich mit ihr endlich Gassi gehen. Den Schuss auf sie hatte sie wahrscheinlich noch immer im Gedächtnis.
Das erste Lebensjahr ist ja für einen Hund sehr prägend und deshalb konnte man ihr weder Gewitter noch irgendeine andere Knallerei jemals von
ihr rausbringen.
Sie war aber immer ein lebensfroher Hund.
3 Tage vor ihrem Tod hat sie die ganze Nacht erbrochen. Ich war nur mit zusammenwischen beschäftigt. Im Internet habe ich erfahren, dass
Hunde nun einmal speien und man soll sich keine großen Gedanken machen. Erst wenn ein Hund längere Zeit speit sollt man einen Tierarzt
aufsuchen. Ich habe aber wegen jedem Schmarrn meine Tierärztin aufgesucht, also wartete ich sehnlichst darauf, bis sie ihre Praxis öffnete.
Um 8h sperrte endlich meine Tierärztin, die nur ein paar Häuser weiter ihre Praxis betreibt, auf und ich konnte mit Luna zu ihr. Aber selbst die paar
Meter schaffte Luna nicht mehr. Sie brach vor der Praxis zusammen und wir haben sie dann gemeinsam hineingetragen. Sehr schwacher Puls und
Herzkammerflimmern. Der TA gelang es Luna zu stabilisieren und empfahl mit die Tierklinik Parndorf. Ich bin sofort hin. Dort wurde ein Ultraschall
gemacht und man stellte fest, dass sich ein Fremdkörper im Darm befindet. Sie versuchten vorerst mit herkömmlichen Mitteln den Darm
durchzuspülen, was aber nicht gelang. Am Abend wurde sie operiert und 1m Darm entfernt, der zum Teil schon abgestorben war. Um 23h45
bekam ich den Anruf, dass Luna aus der Narkose erwacht ist und es ihr den Umständen entsprechend gut geht. Das war ja schon ein kleines
Wunder. Meine Schwiegertochter fuhr sie am nächsten Tag besuchen, eigentlich gegen meinen Willen, da ich der Meinung war, Luna würde es
nicht verstehen sie dort zu belassen. Aber Dora meinte, sie würde es sich nie verzeihen, wenn Luna stirbt und sie hätte sich nicht von ihr
verabschieden können. Das war mir klar.
Dora sandte mir ein Foto, wo Luna recht munter wirkte. Am Tag darauf, bekam ich in der Früh einen Anruf von der Tierklinik, dass es Luna
schlechter gehe. Ich bin sofort hin und fand sie sehr apathisch vor. Sie hat kaum noch reagiert und die Ärzte sagten mir, dass es sich in den
nächsten 24 Stunden entscheiden wird ob sie überlebt. Nachmittags sind wir wieder zu Luna gefahren und blieben einige Stunden bei ihr. Kurz
nachdem wir weggefahren sind, ist sie verstorben. Sie hatte alle ihre Lieben nochmals bei ihr und sie hat selbst entschieden zu gehen. Sie ist
friedlich eingeschlafen, denn ich habe alles dafür getan dass sie keine Schmerzen mehr erleiden musste. Die Kosten waren mir egal. Aber so geht
es wahrscheinlich jedem Tierbesitzer. Ich hätte alles verkauft um Lunas Leben zu retten.
Am nächsten Tag holte ich sie und fuhr mit ihr ins Tierkrematorium Simmering, weil ich darauf bestand sofort einen Termin zu bekommen um Luna
nicht in der Kältekammer zu belassen. Ich habe sie dann heimgeholt und nun steht sie bei mir am Schreibtisch in einer Urne.
Ich konnte mir nicht erklären, warum sie im Darm Knochenkot entwickelte. Ich habe ihr keine Knochen gegeben. Nach ihrem Tod fand aber der
Chiwawa meiner Schwiegertochter Knochenreste in meinen Garten. D.h. Leute, die es vielleicht gut meinten, haben Knochen über den
Gartenzaun geschmissen und Luna fraß alles, was sie nur finden konnte. Nun wunderte ich mich nicht mehr. Man hat mir meinen Hund ermordet.
Es ist noch immer die landläufige Meinung in der Bevölkerung manifestiert, dass Hunde von Knochen leben. Bei einem 13 Jahre alten Hund
funktionieren die Gedärme aber nicht mehr so. Der Darm wird träge. Deshalb musste sie sterben, natürlich auch an ihrer angeborenen Gier.
Mich tröstet, dass ich Luna 2-1/4 Jahre ein Paradies bot, sie jeden Augenblick genoss und sich bei mir sauwohl fühlte. Natürlich muss man damit
rechnen, dass ein in den Jahren gekommener Hund abtreten muss. Aber ich hätte sie noch gerne 2-3 Jahre an meiner Seite gesehen. Der
Schmerz wäre aber dann genauso über mich gekommen.
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Geboren 2003
Gestorben 28.9.2015